Stoppt die tödliche Abschiebepolitik – auch im Görli!

Die Abschiebepolitik von Innensenator Andreas Geisel (SPD), die öffentlichkeitswirksam im Görli demonstriert wurde, hat tödliche Konsequenzen!

Kürzlich lud der Berliner Innensenator die Presse in den Görlitzer Park und offenbarte das wahre Ziel der massiven Polizeikontrollen: Die “Kriminalitätsbekämpfung” im Görli ist eine Abschiebemaßnahme. Der Tagesspiegel berichtete an diesem Tag ausführlich über die gemeinsame “Task Force Görlitzer Park” des Landesamtes für Einwanderung und der Polizei Berlin. Die Task Force hat zum Ziel, mit allen “ausländerrechtlichen Möglichkeiten” systematisch Ausweisungen und Abschiebungen zu erwirken. Soziale Beratungs- und Hilfsangebote für die im Görlitzer Park gestrandeten Geflüchteten fehlen dagegen nach wie vor.

Einen besonderen Schwerpunkt legte Innensenator Geisel bei seiner PR-Aktion im Görli auf geplante Abschiebungen von Geflüchteten aus dem westafrikanischen Land Guinea. Die Zeitung “Neues Deutschland” berichtet:

Ende Februar bis Anfang März war eine Delegation aus Guinea in der Hauptstadt. Nach Angaben der Innenverwaltung wurden ihr dort 22 Menschen »vorgeführt«. Ein Video der »B.Z.« zeigt Innensenator Andreas Geisel (SPD) bei einer Begehung des Görlitzer Parks in der vergangenen Woche. Darin erklärt er zu den Vorführungen: »Da geht es darum, dass Dealer, von denen wir vermuten, dass sie aus Guinea stammen, oftmals keine Personaldokumente dabeihaben.« Nach der Vorführung entscheide die Delegation, »ob das ihre Staatsbürger sind oder nicht«. In 15 von 22 Fällen sei die Entscheidung »positiv« ausgefallen. »Das sind Fälle, bei denen wir aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchsetzen werden; also die Dealer werden an dieser Stelle zurückgeführt«, so Geisel.
Laut Berliner Flüchtlingsrat kam die Delegation aus Guinea auf Einladung von Innensenator Geisel in die Stadt. Berlin zahle offenbar Reise, Kost, Logis und ein hohes Tagesgeld. Im Gegenzug “identifiziere” die Delegation mit zweifelhaften Methoden Geflüchtete und stelle ihnen in einer Dienststelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) “Abschiebepapiere” aus. Dieses Vorgehen und Geisels Äußerungen werden von zahlreichen Interessensvertretungen und Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert. Ein gemeinsamer Offener Brief  an den Innensenator beanstandet, dass er in Berlin lebende geduldete Flüchtlinge aus Guinea pauschal “die Dealer” nennt. Und weiter:
Wir sind schockiert und entsetzt, in welch rassistisch diskriminierender Art und Weise Sie sich über Schwarze Menschen äußern. […] Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass systematisches Racial Profiling durch die Berliner Polizei im Görlitzer Park und anderswo angewandt wird. […] Es scheint, als gehe es gar nicht um die „Bekämpfung der Kriminalität“, denn wie Statistiken belegen, wird das Dealen auch mit noch so vielen Polizeieinsätzen nicht eingedämmt, sondern vielmehr mit Perspektiven für die Dealenden und mit funktionierender Sozialarbeit.
In einer gemeinsamen Pressemitteilung werden zudem die Delegations-Vorführungen, die damit zum Teil einhergehende Polizeigewalt und die von der Delegation ausgestellten “Abschiebepapiere” als rechtlich höchst fragwürdig angesehen. Es wird deutlich, dass Innensenator Geisel durch die Einladung der Delegation Abschiebungen in ein Land forciert, in dem neben massiv steigenden Corona-Infektionen erneut Ebola ausgebrochen ist und in dem ein diktatorisches Regime herrscht, das sich massiver Menschenrechtsverletzungen schuldig macht. Die Unterzeichnenden stellen klar:
Wir fordern den Berliner Senat auf, die rechtswidrige Delegations-Vorführungen nicht zu
unterstützen und auf Abschiebungen nach Guinea zu verzichten.
Für den Guineer Alpha Oumar Bah kommt diese Forderung zu spät: Am 16. März 2021 starb er in Berlin unter noch nicht vollständig geklärten Umständen. Nach ersten Informationen aus seinem persönlichen Umfeld hat Alpha Oumar Bah versucht, seiner Abschiebung zu entgehen, indem er aus dem Fenster sprang. Laut Berliner Polizei handelt es sich um einen Selbstmord. Der Verein Guinée Solidaire schreibt in einer Pressemitteilung:
Eines ist sicher: Alpha Oumar Bah hat es vorgezogen sich umzubringen, um damit einer willkürlichen Abschiebung zu entkommen, die von der deutschen Regierung gewünscht und vom Staat Guinea unterstützt wurde . [eigene Übersetzung aus dem Französischen]

Für die Rückführung seiner Leiche nach Guinea kann hier gespendet werden.

Wir, Anwohner*innen am Görlitzer Park, fordern:

Stoppt die tödliche Abschiebepolitik im Görli!

Schluss mit rassistischen Polizeikontrollen und Vorverurteilungen!

Solidarität mit den Freund*innen und der Familie von Alpha Oumar Bah und mit allen Berliner*innen aus Guinea!