Law&Order-Versuchslabor Görlitzer Park

Jetzt also auch Kamera-Überwachung und Auswertung der Daten mittels künstlicher Intelligenz… Der Görli wird zunehmend zum Versuchslabor der Law & Order-Politik von CDU & SPD.

Wünsch dir was

Nachdem am Kottbusser Tor 2023 bereits eine Polizeiwache eingerichtet wurde, im Februar 2025 eine “Waffenverbotszone” im und um den Görli ausgewiesen wurde, im Juni 2025 die Baumaßnahmen für eine nächtliche Schließung des Görlitzer Parks begonnen haben und der Görli sowieso schon seit Jahren als Gefahrengebiet und „Deutschlands schlimmster Drogenpark“ gelabelt wird, jetzt also auch noch Kameras und Auswertung per KI: der Görlitzer Park wird zum feuchten Traum und Versuchslabor rechter und neofaschistischer Überwachungsfantast*innen.

Dass all die repressiven Maßnahmen zuvor nichts gebracht und sich die sozialen Konflikte vor Ort weiter zugespitzt oder allenfalls verlagert haben, spielt in der Debatte ebenso wenig eine Rolle wie wissenschaftliche Erkenntnisse und die Meinung von Expert*innen.

Kriminalitätsbelastete Orte

Seit Jahren ist der Görli ein sogenannter kriminalitätsbelasteter Ort (kbO): an kbOs hat die Polizei Sonderrechte und darf anlasslos Personen kontrollieren und durchsuchen: so verschafft sie sich selber eine rechtliche „Legitimation“ für Racial Profiling und produziert weiter fleißig Zahlen für die eigene Statistik, mit der wiederum der kbO und weitere Maßnahmen legitimiert werden. 

Öffentliche Beteiligung oder demokratische Kontrolle? Fehlanzeige. (Mehr Infos hier)

Kotti-Wache

Am 15. Februar 2023 wurde eine neue Polizei-Wache am Kottbusser Tor (“Kotti-Wache”) als persönliches Prestige-Objekt und auf Betreiben der sPD-Innensenatorin Spranger eröffnet. Wie von vielen aus dem Kiez erwartet gibt es keine unmittelbaren Effekte -außer, dass Polizeifahrzeuge im Weg rumstehen und öffentliche Flächen blockieren. Die Delikte in der Kriminalitätsstatistik haben nicht ab- sondern zugenommen und Vorfälle haben sich in die Nebenstraßen verlagert, ein klassischer Verdrängungseffekt für schlappe drei Millionen Euro. Polizeibeamte sitzen die meiste Zeit in der Wache rum, Anwohner*innen wurden selbstverständlich nicht an dem Prozess beteiligt. (Mehr Infos hier)

Zaun um den Görli

CDU-Bürgermeister Kai Wegner will „den Kriminellen“ den Görlitzer Park entreißen und den “Anwohner*innen und Familien” zurückgeben -und baut deshalb einen Zaun um den Park und will ihn nachts und bei Bedarf schließen.

Vor dem Hintergrund einer jahrelangen Medienkampagne wird im Rahmen eines (Un-)Sicherheits- und Angst-Diskurses an den zweifelsohne vor Ort bestehenden sozialen Konflikten vorbei entschieden (ganz zu schweigen von einer Einbindung lokaler Akteure) und stattdessen auf populistische Symbol-Politik gesetzt.

Dass Anwohner*innen und Familien den Görli bereits nutzen, ein Zaun nicht gegen Armut, Drogenhandel, Obdachlosigkeit, Drogenkonsum oder Gewalt hilft, spielt keine Rolle, ebenso wenig wie die fehlenden Fakten, die der Bürgermeister zur Begründung seines Vorgehens präsentierte. Mehrfach wurden seine Aussagen als Lügen enttarnt. (Mehr Infos hier)

Im verhassten links-alternativen Kreuzberg soll nun ein weiteres Exempel seiner Law-&Order-Politik statuiert werden – die Anwohner*innen werden mit den durch Verdrängung in die Wohngebiete verursachten Problemen mal wieder alleine gelassen. Die meisten wissen: Der millionenschwere Zaun löst kein einziges Problem – das Geld wäre besser in sozialen Hilfen für von Armut Betroffene, psychisch Belastete oder die Drogenhilfe angelegt. (Mehr Infos hier)

Messerverbotszonen

Seit dem 15. Februar 2025 gelten in Berlin der Görlitzer Park, das Kottbusser Tor und der Leopoldplatz als Waffenverbotszonen. Das Mitführen von Messern und anderen „Waffen und waffenähnlichen Gegenständen“ (dazu zählt auch Pfefferspray) kann dann mit bis zu 10.000€ Strafe geahndet werden. Warum der Görlitzer Park eine Waffenverbotszone werden soll, bleibt unklar: laut Zahlen der Polizei wurden im Zeitraum Juli 2023 bis Juni 2024 nur knapp über drei Prozent aller Straftaten im Görlitzer Park mit Messern oder anderen Waffen begangen. Ohnehin finden 90 Prozent aller von der Polizei benannten Straftaten im kbO Görlitzer Park/Wrangelkiez außerhalb des Görlis statt (Quelle). Es gibt auch keine wissenschaftliche Studie zur Wirksamkeit von Waffenverbotszonen, Expert*innen bezweifeln die Wirksamkeit. (Mehr Infos hier)

Kameraüberwachung & KI

Als i-Tüpfelchen der CDU-SPD-geführten Law-&-Order-Kampagne soll jetzt berlinweit an kbOs auf Videoüberwachung in Verbindung mit einer auf künstliche Intelligenz basierten Auswertung der Daten gesetzt werden. Durch die Anwendung von KI soll das Verhalten von Personen und Personengruppen schnell erkannt werden und die Polizei schnell eingreifen können. Datenschutz scheint eine untergeordnete Rolle zu spielen und warum dieses Vorhaben funktionieren sollte, bleibt unklar: keine KI erkennt, ob es sich um kämpfende/aggressive oder tanzende Personen handelt, irrationales Verhalten von Menschen in psychischen Ausnahmesituationen lässt sich nicht mit logischen und rationalen Rechenvorgängen vorhersagen. Ohnehin führt der Einsatz von nur unzureichend im Umgang mit Traumata, psychisch kranken und auffälligen Personen ausgebildeten Polizist*innen immer wieder zu vermeidbaren Eskalationen. Immer wieder wird von Expert*innen und Wissenschaftler*innen darauf hingewiesen, dass KI bestehende Diskriminierung wie Rassismus und Stigmatisierung von Suchtkranken weiter verstärkt. (Mehr Infos)

Anwohner*in haben bereits im Dezember 2022 in einem Offenen Brief die Überforderung im öffentlichen Raum beschrieben und ganz andere Lösungen als “predictive policing” eingefordert -leider wurden sie ignoriert

… wie weiter?

Nach kbO, Polizeiwache, Zaun und Waffenverbotszone ist das Maßnahmenpaket mit KI-gestützter Videoüberwachung also perfekt. Ach Moment, laut AfD fehlt eine Polizeiwache im Görli und drohnen- und wärmebildgestützte Überwachung aus der Luft…

Menschenrechte!

Was für ein Armutszeugnis und was für eine Bankrotterklärung, denn funktionieren wird das alles nicht: die Polizei ist nicht dazu da, Armut zu bekämpfen und soziale Konflikte werden nicht durch populistische Symbol-Politik beseitigt.

Alle Versuche repressiver Strategien der letzten 15 Jahren im und um den Görlitzer Park haben nicht funktioniert und allenfalls zu einer Verlagerung von “unerwünschtem Verhalten” geführt.

Dass die lokale Bevölkerung in einer gigantischen 1984-Bubble leben muss, wird ausgeblendet.

Dass die Kieze mit den sozialen Konflikten mal wieder alleine gelassen werden, wird ignoriert.

Dass die Menschenwürde und das Recht auf Gesundheit sowie soziale Teilhabe von Drogenkonsument*innen, Obdachlosen, Geflüchteten, psychisch Kranken und anderen marginalisierten Gruppen vollkommen auf der Strecke bleiben und diese Personengruppen ausschließlich als Bedrohung der Sicherheit (von wem eigentlich? Der Mittelschicht?) gesehen werden, ist absolut bedenklich.

Massive Gentrifizierungsprozesse, wie sie im Wrangelkiez zu beobachten sind, verstärken diese Entwicklungen und rücken die Sicherheit für einkommensstarke (zukünftige) Bewohner*innen in den Fokus und blenden den Rest aus.

Alle zusammen gegen den Faschismus!

Insbesondere in Zeiten mit starken rechtspopulistischen  und rechtsextremen politischen Strömungen, in denen ein Wiederaufleben neofaschistischer Ideen gar nicht mehr so unwahrscheinlich oder weit entfernt erscheinen, werden Überwachungstechniken ohne mit der Wimper zu zucken eingesetzt und genutzt. Diese Maßnahmen komplexer (totalitärer?) Überwachung und Kontrolle sind brandgefährlich. Das zeigt aktuell ein Blick (nicht nur) in die USA.

Solidarische Kieze!

Umso wichtiger ist es, den Zusammenhalt in der Nachbarschaft und im Kiez zu stärken und solidarische Kieze aufzubauen, um diesen repressiven und ausgrenzenden Strategien gemeinsam zu begegnen und sie wieder rückgängig zu machen -sei es auf politischer Ebene oder in der Praxis.

Schluss mit Populismus und Symbol-Politik! Soziale Lösungen für soziale Konflikte.

Wrangelkiez United!, Juli 2025